Rezensionsfragment: Christian Kracht - Eurotrash

Da spricht ein Mann mit seiner Mutter und über seinen Vater. Da spricht ein Mann mit seiner Mutter im Kreis. Da verheddern sich die Fäden zweier müder Geister, verdrehen sich in einer bewegungslosen Gegenwart, suchen, anstatt sich zu befreien, nach dem Hedderer. Und immer ist es eine ferne furchtbare Zeit und die furchtbaren Menschen, die sie noch mit sich trugen und die sie am Leben hielten, die uns Schlimmes taten damit, wer sie waren – die Hedderer. Da spricht ein Mann von schlimmen Jahren, schlimmer Kindheit und dabei verschenkt er Geld. Weil nicht eine furchtbare Existenz furchtbarer ist als die andere und die Scheine in der Tasche ändern nichts an der Verzweiflung, dass es immer jetzt ist. Jetzt ist es, weil, und dann wird es sein – aber dann gibt es nicht, sondern nur früher, und früher war es, und deshalb ist es jetzt. Da leidet ein Mann an Morbus Kitahara. Da verabschiedet ein Mann sich und glaubt, er müsse das Früher durch Verstehen vernichten. Da erinnert sich eine Mutter an das, an was sie sich nicht mehr erinnern will. An Zebras. Das Ehrlichste ist der Beutel am Bauch – viel ehrlicher als der Beutel in der Hand. Da leidet ein Mann an seiner Künstlichkeit und beteuert doch, dass dies und das Früher und das Jetzt mit der Mutter wirklich sind – wirklich real. Und sind sie es – real –, so sind sie das Ende der Welt. Das Ende zurück in Afrika – auf Safari in Winterthur und versteckt im Keller der Nazis auf Sylt. Besser dort, als in der menschenleeren Schweiz. Da reist ein Mann mit seiner Mutter, die es doch gar nicht wirklich gibt.

Peter Huemer